Wir kommen beim Riesenbowle-Stand ins Gespräch mit
einer dick eingemummelten Frau. Sie will uns unbedingt noch mit ins Café
Lucas nehmen. Wir wollen zwar eh nicht, weil wir erst vor fünf Minuten
aus einem Lokal raus sind, aber witzig ist, dass die Dame eigentlich gar
nicht alleine, sondern mit ihrem Freund und noch ein paar Männern
unterwegs ist.
Ihr Freund ist "not amused", dass seine Süße fremde
Männer anbaggert und küsst sie demonstrativ und länger
als nötig. Echt köstlich.
Das Mädel ist zwar sehr lustig, hat aber wohl schon mehr Bowle intus,
als der Treue zuträglich ist. Nur gut, dass es bei uns nur der Kunst
gilt.
Wie immer, diskutieren wir auch dieses Mal, was der Plural von Kinderpunsch
ist. Kinderpunschs? Kinderpünsche? Irgendwo hab ich mal gelesen,
dass man sich auf sicherem Terrain bewegt, wenn man einfach "2x Kinderpunsch"
ordert.
Weiter geht's Richtung Trödelmarktinsel. Dort wimmelt es von kleinen
Künstlerläden und in einem lugt ein kariertes Pferd aus dem
Schaufenster. Also ich steh im Normalfall nicht so auf Kuscheltiere (bis
auf den gelben Plüsch-Elefanten, den ich als Kopfkissen benutze)
und schon gar nicht auf Pferde, aber dieses hier würde ich glatt
kaufen. Zum Glück hat der Laden schon zu.
Mir fällt Kaspar Hauser ein, der die ersten 17 Jahre seines Lebens
nur ein kleines Holz-Pferdchen als Gesellschaft hatte. Vom Unschlittplatz,
wo Kaspar Hauser im Jahr 1822 zum ersten Mal gesehen wurde, sind wir momentan
ja gar nicht weit entfernt.
Vier Mädchen laufen uns vor die Linse und lassen sich brav fotografieren.
Sie erzählen uns, dass sie nur wegen Daniel Küblböck in
der Stadt seien und dass dieser momentan im Grand Hotel residiere.
Ich wusste gar nicht, dass es diesen sehr krassen Typen überhaupt
noch gibt und vor allem dachte ich nie, dass er Groupies hat. Ich kann
mich noch erinnern, dass der Herr Küblböck mal einen Autounfall
hatte und in einen Gurkenlaster geknallt ist, dessen Ladung dann auf eBay
vertickt wurde. Diesen Unfall im Hinterkopf frage ich "Ach, der lebt
noch?" und ernte sehr gehässige Blicke der Mädels. Ja,
war geschmacklos aber ich fand es trotzdem lustig. Was finden die bitte
an DEM Typen? Ich werde Frauen nie verstehen.
Während wir noch mit den Küblböck-Jüngerinnen schwätzen,
läuft ein Mann mit rotem Umhang und Galgenseil um den Hals an uns
vorbei, gefolgt von einem Dutzend erwachsenen Menschen mit roten Bommelmützen.
Daniel und ich sehen uns sehr ratlos an und ich schaffe es ob meiner Verwunderung
nur, ein schnelles Bild zu schießen. Was bitte geht denn hier ab?
Ich hoffe, der Mann hat zumindest einen schnellen Tod gehabt. Möchte
wissen, warum die Wichtel ihn zum Tode durch den Strang verurteilt haben.
Hm, der Henkersteg ist nur ein paar Schritte entfernt. Die kommen also
direkt vom Henker, vermute ich. Ts ts, um diese Zeit noch Hinrichtungen.
Ich dachte, sowas macht man im Morgengrauen.
Als wir zum Henkersteg weiterlaufen, zeige ich Daniel eine kleine Keramik-Fliese,
die an eine Stufe gemörtelt ist. Sie zeigt eine Art Alien und ich
habe sie schon vor geraumer Zeit entdeckt. Mich macht es immer ganz fuchtig,
wenn ich solche Sachen finde und nicht weiß, was es damit auf sich
hat. (Anmerkung: Einige Wochen später sollte ich noch so eine Fliese
auf der Stadtmauer beim Hauptbahnhof finden. Hier ist definitiv ein ganz
großes Ding am Laufen. Für sachdienliche Hinweise wäre
ich sehr dankbar).
Uns kommt die Idee, den Tag draußen am Flughafen zu beenden. Als
wieder mal rein in die U-Bahn. Hatte ich schon erwähnt, dass ich
die orangen Plastikstühle in der Nürnberger U-Bahn sehr genial
finde? Vermutlich schon.
Während wir auf unseren Zug warten, fährt am anderen Gleis ein
Zug der U3 ein. Das ist die erste U-Bahn in Deutschland, die komplett
ohne Fahrer unterwegs ist. Momentan finden noch nächtliche Testläufe
statt und erst im Frühling wird die Linie offiziell eröffnet.
Sieht irgendwie skurril aus, wenn sich die Türen öffnen und
der Wagen verbarrikadiert ist.
Daniel versucht schon den ganzen Tag, in den diversen U-Bahn Stationen
die Namensschilder zu fotografieren. Mich wundert, dass er nach dem vielen
Kaffe nicht zittriger ist und es noch immer schafft, die Kamera mit nur
einer Hand zu halten.
Uff, erstmal wieder sitzen und raus zum Flughafen. Der Zug ist völlig
leer und wir hängen apathisch auf den herrlich blauen Sitzen rum
umgeben von Holzfurnier.
Jetzt merke ich so langsam, wie fertig ich bin. Noch eine Stunde und wir
haben es geschafft.
[ Udos
Bilder dieser Stunde bei Flickr (größere Auflösung)... ]
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Unsere Vorgabe ist noch ein bisschen durch die Stadt zu Bummeln und dann zum Abschluss den Flughafen aufzusuchen. Auf dem Weg zeigt mir Udo einige Läden mit seltsamen Schaufensterdekorationen, unter anderem die gefesselten Nikoläuse...
Als wäre das nicht schlimm genug, treffen wir auf eine Gruppe Mädels, die uns auffordern doch ein bestimmtes Hotel in der Stadt aufzusuchen, in dem gerade Daniel Kübelböck absteigt. Den könnten wir doch dann fotografieren. Interessant. Die Mädels sind tatsächlich die ersten Menschen auf der Welt, denen ich begegne, die offen zugeben, dass sie den Typen gut finden. Unvorstellbar. Nur, falls jemand nicht weiß, um wen es geht: Hier klicken. (Lohnt sich eigentlich gar nicht...)
Anschließend suchen wir eine passende U-Bahn auf und fahren in Richtung Flughafen. Endlich. Das Ende ist zum Greifen nahe.
Damals hab ich mich aufs Bett gefreut, heute freue ich mich darauf, endlich 24 Stunden mehr oder minder ausführlich beschrieben zu haben.
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